tl;dr: Vorhersage der Temperaturextreme, Durchschnittstemperatur und Schneefallmenge in der Feldberger Region für die Jahre 1850 bis 2100 anhand von IPCC Computermodellen.
Bild: Temperaturanomalie in Europa 2023
Der Dezember 2023 war der wärmste jemals aufgezeichnete Dezember. Wie die obere Grafik zeigt, ändert sich das Klima auf unserem Planeten dramatisch.
Wir verändern unser Klima, das ist Fakt und lässt sich im 6. Sachstandsbericht des Weltklimarates IPCC nachlesen: PDF
Aber wie verändert sich das Klima in unserer Region?
Bild: Vorhersage Hitzestress in MV für die Jahre 2071 bis 2100: Anzahl der Tage über 30 grad Celcius zwischen Juni und September. Quelle
Im Climate Data Store des EU Copernicus Programms lassen sich historische Klimadaten und Prognosen für den Verlauf verschiedener Werte kostenlos abrufen und nutzen. Die Modelle diverser Forschungseinrichtungen wie z.B. NOAA oder AWI stehen dort zur Verfügung.
Wir haben die Daten des CMIP6 Klimamodells beim Climate Data Store hier abgerufen und mit Python analysiert: Copernicus CMIP6
Das Deutsche Klimarechenzentrum DKRZ schreibt zum CMIP6 Modell:
Das Coupled Model Intercomparison Project (CMIP) koordiniert Klimamodellsimulationen weltweit im Rahmen des Weltklimaforschungsprogramms (WCRP). Ziel von CMIP ist es, die vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Klimaveränderungen in einem Multi-Modell Kontext besser zu verstehen und vorherzusagen. Um Modellergebnisse vergleichen zu können, erarbeitet CMIP unter anderem Standards für Simulationen, Datenformate und Auswertealgorithmen. Dadurch bekommen die Klimaforscher die Möglichkeit, ihre Erkenntnisse unmittelbar untereinander zu teilen, zu vergleichen und zu bewerten.
Die beschriebenden Szenarien des Weltklimarates, anhand derer sich das Modell orientiert heißen “Shared Socioeconomic Pathways” also gemeinsam genutzte sozioökonomische Pfade. Diese Pfade beschreiben, wie die Menschheit mit dem Klimawandel umgeht und welche Konzequenzen unterschiedliche Verhaltensweisen auf das Klima haben werden. Wir haben uns 2 extreme Pfade angeschaut: SSP1-2.6 und SSP5-8.5.
Der IPCC sagt zu SSP1-2.6:
Die Welt bewegt sich allmählich, aber durchdringend in Richtung eines nachhaltigeren Weges, wobei der Schwerpunkt auf einer integrativeren Entwicklung liegt, die vorhergesagte Umweltgrenzen respektiert. Die Bewirtschaftung der globalen Gemeingüter verbessert sich langsam, Investitionen in Bildung und Gesundheit beschleunigen den demografischen Wandel und der Schwerpunkt des Wirtschaftswachstums verlagert sich hin zu einer breiteren Betonung des menschlichen Wohlergehens. Durch ein zunehmendes Engagement für die Erreichung von Entwicklungszielen wird die Ungleichheit sowohl zwischen den Ländern als auch innerhalb der Länder verringert. Der Konsum ist auf geringes materielles Wachstum und geringere Ressourcen- und Energieintensität ausgerichtet.
Für das “schlechte” Szenario, unter das auch SSP5-8.5 fällt heißt es:
Diese Welt setzt zunehmend auf wettbewerbsorientierte Märkte, Innovation und partizipative Gesellschaften, um einen schnellen technologischen Fortschritt und die Entwicklung des Humankapitals als Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung zu bewirken. Globale Märkte werden zunehmend integriert. Darüber hinaus werden umfangreiche Investitionen in Gesundheit, Bildung und Institutionen getätigt, um das Human- und Sozialkapital zu stärken. Gleichzeitig geht der Drang nach wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung mit der Ausbeutung reichlich vorhandener fossiler Brennstoffressourcen und der Einführung ressourcen- und energieintensiver Lebensstile auf der ganzen Welt einher. All diese Faktoren führen zu einem schnellen Wachstum der Weltwirtschaft, während die Weltbevölkerung im 21. Jahrhundert ihren Höhepunkt erreicht und dann wieder zurückgeht. Lokale Umweltprobleme wie Luftverschmutzung werden erfolgreich bewältigt. Es besteht Vertrauen in die Fähigkeit, soziale und ökologische Systeme effektiv zu verwalten, gegebenenfalls auch durch Geo-Engineering.
Wir haben historische Daten und die Vorhersagen des Klimamodells auf unsere Region übertragen und mit Hilfe der Programmiersprache Python die Daten analysiert.
Nachdem man den entsprechenden Datensatz runtergeladen hat, kann man ihn in Python einlesen und relativ schnell Grafiken erstellen:
import xarray as xr
import rioxarray as rio
# Datensatz angeben
filename = 'pfad/zum/datensatz'
# Datensatz öffnen
nc_file = xr.open_dataset(filename)
# Diagramm zeichnen
# wir nutzen hier den Key 'ta' aus dem CMIP6 Datensatz,
# also die Lufttemperatur
nc_file['ta'].plot(aspect=2, size=8)
Jetzt kann man mit matplotlib, pandas, numpy, scipy und weiteren Python Paketen “rumspielen” und den Datensatz umfangreich analysieren. Dazu gehören Mittelwertbildung, Interpolation und Regression. Am Ende lassen sich Trends ableiten. Im Ergebnis haben wir die Jahresmitteltemperatur für die Feldberger Seenlandschaft für die SSP Szenarien SSP1-2.6 und SSP5-8.5 berechnet. Bild 1 zeigt die Vorhersage für unsere Region. Darin sehen wir, dass wir im “schlechten” Szenario mit einem Anstieg der Durchschnittstemperatur um etwa 4 Grad Celcius zu rechnen haben.
Bild 1: Vorhersage Jahresmitteltemperatur
Im Sommer wirkt sich das ganze extremer aus. Wir rechnen mit einer Erwärmung um etwa 5 Grad Celcius, siehe Bild 2.
Bild 2: Vorhersage Durchschnittstemperatur im Monat Juli
Bezogen auf die Landwirtschaft bedeutet das: häufiger Hitzewellen und Perioden mit sogenanntem Hitzestress. Für Pflanzen und Tiere stellt das eine Belastung dar. Hitzestress und weitere sogenannte agroklimatische Indikatoren lassen sich im Portal des Copernicus Climate Data Service interaktiv erkunden. Mit Hilfe dieser interaktiven Anwendung haben wir uns einmal angeschaut, wie sich Hitzewellen in den kommenden 80 Jahren häufen werden.
In Bild 3 haben wir die wahrscheinliche Häufung von Hitzestress dargestellt. Die Grafik zeigt die Anzahl von Tagen mit über 30 Grad Celcius Tagesmitteltemperatur in der Zukunft, falls das IPCC Szenario SSP5-8.5, also das “schlechte” Szenario eintritt.
Bild 3: Vorhersage Hitzestress in Tagen pro Jahr
Der Klimawandel wirkt sich nicht nur im Sommer aus. Auch im Winter ist vor allem mit deutlich weniger Schneefall zu rechnen, da die Durchschnittstemperatur es immer seltener erlaubt, dass Schnee fällt und “liegen bleibt”. Bild 4 zeigt die Schneefall Menge als Vorhersage, wieder für die “guten” und “schlechten” SSPs.
Bild 4: Vorhersage Schneefallmenge
Für unsere Region in der Mecklenburgischen Seenplatte sind die Folgen der Veränderung schon erkennbar. Insbesondere unseren Seen geht das Wasser aus. In Bezug auf die fallenden Wasserpegel unserer Gewässer ist eine negative klimatische Wasserbilanz verantwortlich. Die Klimatische Wasserbilanz ist die Differenz aus der Niederschlagssumme und der Summe der potentiellen Verdunstung nach FAO. Mit Hilfe der IPCC Computermodelle und der Anwendung Copernicus Interactive Climate Atlas lässt sich der SPEI (Standardized Precipitation Evapotranspiration Index) berechnen, um aussagen über die Klimatische Wasserbilanz treffen zu können. Der SPEI ist ein statistischer Indikator, der auf Grundlage der klimatischen Wasserbilanz (Niederschlagssumme minus Summe der potentiellen Verdunstung) Trocken- und Feuchteperioden anzeigt. Die folgende Tabelle zeigt eine Zuordnung der SPEI Werte zu Auftrittswahrscheinlichkeit und Trockenheitsklasse.
Wahrscheinlichkeit in % | SPEI | Stärke der Anomalie |
---|---|---|
2.3 | ≥ 2.0 | Extrem zu feucht |
4.4 | 1.5 bis 2.0 | Deutlich zu feucht |
9.2 | 1.0 bis 1.5 | Mäßig zu feucht |
34.1 | 0.0 bis 1.0 | Fast normal (etwas zu feucht) |
34.1 | -1.0 bis 0.0 | Fast normal (leichte Trockenheit) |
9,2 | -1.5 bis -1.0 | Mäßige Trockenheit |
4.4 | -2.0 bis -1.5 | Schwere Trockenheit |
2.3 | ≤ - 2.0 | Extreme Trockenheit |
Mit Hilfe des Copernicus Interactive Climate Atlas haben wir den SPEI für die Mecklenburgische Seenplatte berechnet:
Bild 5: Vorhersage Hitzestress in Tagen pro Jahr
Was tun?
Nun wissen wir, wie sich der menschgemachte Klimawandel auf unsere Heimat auswirken wird. Mal abgesehen davon, dass wir eine unfassbar aufwändige Veränderung an unserer Zivilisation vornehmen müssen, unser Wirtschaftsystem sich ändern muss und wir viele neue Technologien brachen werden, die es noch gar nicht gibt … Was können wir tun? Was müssen wir tun?
Glücklicherweise hat das Umweltbundesamt eine tolle Zusammenstellung von Informationen veröffentlicht:
- Wie wirkt sich der Klimawandel auf MV aus?
- Klimafolgen: Handlungsfeld Raum-, Regional- und Bauleitplanung
- Klimafolgen: Handlungsfeld Biologische Vielfalt
- Klimafolgen: Handlungsfeld Tourismus
Dort kann man sehr gut nachlesen, wie sich der Klimawandel auf unterschiedliche Sektoren auswirkt und was man tun kann.
Was sagt die KI dazu?
Zur Unterstützung haben wir ChatGPT gefragt, was wir machen können.
ChatGPT, Welche zivilisatorischen Veränderungen sind notwendig, um den Klimawandel im Sinne des IPCC SSP1-2.6 aufzuhalten?
Das Erreichen der Ziele des IPCC SSP1-2.6-Szenarios erfordert tiefgreifende zivilisatorische Veränderungen auf globaler Ebene. Dazu gehören:
Umstellung auf erneuerbare Energien: Eine schnelle Abkehr von fossilen Brennstoffen hin zu erneuerbaren Energiequellen wie Solar-, Wind- und Wasserkraft ist unerlässlich. Dies erfordert massive Investitionen in erneuerbare Energietechnologien sowie die Einführung effektiver politischer Maßnahmen zur Förderung dieser Energieträger.
Energieeffizienz: Die Steigerung der Energieeffizienz in allen Sektoren, einschließlich Industrie, Transport und Wohnen, ist von entscheidender Bedeutung, um den Energieverbrauch zu senken und die Treibhausgasemissionen zu reduzieren.
Nachhaltige Landnutzung: Eine umweltfreundliche Landnutzungspolitik, die auf die Wiederherstellung von Ökosystemen, die Reduzierung von Entwaldung und die Förderung nachhaltiger Landwirtschaftspraktiken abzielt, ist unerlässlich, um den Ausstoß von Treibhausgasen zu verringern und die CO2-Speicherung in Böden und Wäldern zu erhöhen.
Verkehrswende: Die Förderung von öffentlichem Nahverkehr, Elektrofahrzeugen und alternativen Mobilitätskonzepten ist entscheidend, um den Verkehrssektor klimafreundlicher zu gestalten und den CO2-Ausstoß zu reduzieren.
Förderung nachhaltiger Konsum- und Lebensstiländerungen: Eine Abkehr von ressourcenintensiven und verschwenderischen Konsummustern hin zu nachhaltigen und kreislauforientierten Lebensstilen ist erforderlich, um den ökologischen Fußabdruck zu verringern und die Ressourcenknappheit zu bekämpfen.
Internationale Zusammenarbeit und politisches Handeln: Um den Klimawandel im Sinne des IPCC SSP1-2.6-Szenarios zu bekämpfen, sind eine verstärkte internationale Zusammenarbeit, die Umsetzung wirksamer Klimaschutzabkommen und die Entwicklung globaler politischer Maßnahmen zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen von entscheidender Bedeutung.
ChatGPT, Was kann eine kleine Gemeinde in Deutschland tun?
Eine kleine Gemeinde in Deutschland kann trotz begrenzter Ressourcen und Einflussmöglichkeiten verschiedene Maßnahmen ergreifen, um zum Kampf gegen den Klimawandel beizutragen:
Lokale Energieerzeugung fördern: Die Gemeinde kann Programme zur Förderung erneuerbarer Energien wie Solarenergie, Biomasse oder Windenergie unterstützen. Dies kann beispielsweise durch den Bau von Solaranlagen auf öffentlichen Gebäuden oder die Unterstützung von Bürgerenergieprojekten geschehen.
Energieeffizienz verbessern: Die Gemeinde kann Anreize für die energetische Sanierung von Gebäuden schaffen, um den Energieverbrauch zu reduzieren. Dies kann durch Förderprogramme, Beratungsangebote oder die Bereitstellung von Informationen zu energiesparenden Maßnahmen erfolgen.
Nachhaltige Mobilität fördern: Die Gemeinde kann den Ausbau von Radwegen und Fußgängerzonen vorantreiben, den öffentlichen Nahverkehr verbessern und Anreize für die Nutzung von Fahrrädern oder Elektrofahrzeugen schaffen. Dies trägt zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor bei.
Grünflächen und Natur schützen: Die Gemeinde kann den Schutz und die Erhaltung von Grünflächen, Wäldern und natürlichen Lebensräumen fördern. Dies hilft nicht nur bei der CO2-Speicherung, sondern trägt auch zur Biodiversität und Lebensqualität bei.
Bewusstsein schaffen und Bildung fördern: Die Gemeinde kann Informationskampagnen organisieren, um die Bevölkerung über den Klimawandel aufzuklären und Möglichkeiten aufzuzeigen, wie jeder Einzelne zum Klimaschutz beitragen kann. Dies kann durch Workshops, Veranstaltungen oder die Integration von Umweltthemen in Schulen und Bildungseinrichtungen geschehen.
Partnerschaften eingehen: Die Gemeinde kann Partnerschaften mit anderen Gemeinden, Unternehmen oder Organisationen eingehen, um Ressourcen zu bündeln, Ideen auszutauschen und gemeinsam Projekte zum Klimaschutz umzusetzen.
ChatGPT, Wie können Erdbeobachtungsdaten dabei helfen?
Erdbeobachtungsdaten können eine wichtige Rolle bei den Bemühungen einer kleinen Gemeinde in Deutschland spielen, den Klimawandel anzugehen, indem sie folgende Möglichkeiten bieten:
Überwachung von Umweltveränderungen: Erdbeobachtungsdaten ermöglichen es, Umweltveränderungen wie Veränderungen in der Landnutzung, der Vegetationsdecke oder der Wasservorkommen über einen bestimmten Zeitraum zu überwachen. Dies kann helfen, Trends im Klimawandel zu identifizieren und die Auswirkungen von lokalen Maßnahmen zu bewerten.
Frühwarnsysteme für Naturkatastrophen: Durch die Nutzung von Erdbeobachtungsdaten können Frühwarnsysteme für Naturkatastrophen wie Überschwemmungen, Dürren oder Waldbrände verbessert werden. Dies ermöglicht es der Gemeinde, rechtzeitig auf potenzielle Gefahren zu reagieren und Schutzmaßnahmen zu ergreifen.
Planung von Anpassungsmaßnahmen: Erdbeobachtungsdaten liefern wichtige Informationen zur Identifizierung von Vulnerabilitäten und zur Planung von Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel. Dies kann die Entwicklung von lokalen Klimaanpassungsstrategien unterstützen, die auf die spezifischen Bedürfnisse und Herausforderungen der Gemeinde zugeschnitten sind.
Überwachung der Luft- und Wasserqualität: Durch den Einsatz von Satellitendaten können Luft- und Wasserqualitätsindikatoren wie Luftverschmutzung, Bodenfeuchtigkeit oder Algenblüten überwacht werden. Dies ermöglicht es der Gemeinde, Umweltprobleme zu identifizieren und gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Umweltqualität zu ergreifen.
Unterstützung bei der Entscheidungsfindung: Erdbeobachtungsdaten liefern evidenzbasierte Informationen, die bei der Entscheidungsfindung unterstützen können, z. B. bei der Standortwahl für erneuerbare Energienprojekte, der Raumplanung oder der Risikobewertung von Naturgefahren.
Durch die Integration von Erdbeobachtungsdaten in ihre Planungs- und Entscheidungsprozesse kann eine kleine Gemeinde effektiver auf die Herausforderungen des Klimawandels reagieren und langfristig eine nachhaltige Entwicklung fördern.
Acknowledgements:
Bild 1, 2 und 4: CMIP6 model data produced by AWI is licensed under a Creative Commons Attribution-ShareAlike 4.0 International License (https://creativecommons.org/licenses/), DOI: 10.24381/cds.c866074c
Bild 3: Generated using Copernicus Climate Change Service information 2024, DOI: 10.24381/cds.dad6e055